Kinder zwischen streitigen Eltern – Probleme beim Umgang
Seit 1994 bin ich Anwältin und mache Familienrecht. Durch alle sozialen Schichten und sogar bei pädagogisch ausgebildeten Eltern, konnte ich Verhaltensmuster beobachten, die ich hier überspitzt darstelle, um Sie zum Nachdenken anzuregen.
Der lästernde Elternteil:
Kinder solidarisieren sich nach einer Trennung meist mit dem Alltagselternteil. Der Lästerer nutzt dies bewusst oder unbewusst aus. Die Kinder werden in die Trennung einbezogen und es wird viel über das Unrecht gesprochen. Die Kinder werden genauestens über gerichtliche Auseinandersetzungen informiert, bekommen sogar anwaltliche Schriftsätze zu lesen. Es fallen Floskeln wie „hat uns verlassen“, „interessiert sich nicht mehr für uns“, „wir sind egal“, „wir sind deswegen die Wohnung los“. Bei jeder Gelegenheit wird über den anderen Elternteil gelästert.
Der flüchtende Elternteil:
Dies betrifft in der Regel die Väter. Sie lassen sich durch mehrere schroffe Neins abschrecken und sind so von der Trennung getroffen, dass sie fluchtartig das Feld räumt. Väter haben oft Angst etwas Falsch zu machen, da sie sich bisher nie um die Kinder kümmerten / kümmern durften. Es wird zur Rechtfertigung oft eingewandt, einen neuen Familienverband des Kindes nicht stören zu wollen. Der Umgang schläft ein, oder findet nie statt. Jahre später ist der Wunsch nach den Kindern dann doch stärker, als der Fluchtinstinkt nach der Trennung. Die Umgangsverfahren haben gezeigt, dass Kinder – statt böse auf den flüchtenden Elternteil zu sein – ganz unvoreingenommen und neugierig auf behutsame Umgangsanbahnungen reagieren.
Der abwerbende Superpapa:
Mit dem Vater findet regelmäßig Umgang statt. Dieser hat vielleicht mehr Geld als die Mutti, eine neue Freundin, die aus Sicht der Kinder ganz ok ist, an Umgangswochenenden unternimmt er nur tolle Sachen. Die Kinder dürfen alles und werden zusätzlich mit Geschenken überhäuft. Hinzu kommen noch überfürsorgliche Großeltern väterlicherseits. Ein Jahr später offenbart das Kind seiner verdutzten Mutter, dass es beim Vater wohnen will.
Der eifersüchtige Elternteil:
Es wird alles unternommen, um keinen Umgang stattfinden zu lassen. Der andere Elternteil wird darüber informiert, dass das Kind ihn nicht mehr sehen möchte. In Wirklichkeit werden Anrufe, emails, Kontaktversuche jeglicher Art abgeblockt, Geschenke abgefangen und dem Kind gegenüber Ausreden erfunden, warum der andere Elternteil sich nicht meldet. Das Kind wird belogen.
Der hinterhältige Elternteil:
startet mehrere Anzeigen wegen Kindeswohlgefährdung und freut sich, dass der Alltagselternteil Besuch von Polizei und Jugendamt bekommt. Kontaktaufnahmen finden zu Unzeiten statt, z.B. nächtliche Anrufe, sms. Umgang wird vereinbart und ständig wieder verworfen, denn es geht nicht um den Umgang, sondern darum, im Leben des anderen möglichst viel durcheinanderzubringen.
Die Streithammel:
Die Eltern geben sich nicht viel. Sie haben sich gegenseitig bei Trennung zutiefst verletzt. Vor den Kinder macht jeder den anderen schlecht. Umgang ist nur auf neutralem Boden, über neutrale Personen und ohne dass die Eltern aufeinander treffen, möglich. Übergaben bei Umgängen sind die Katastrophe.
Die Glucke (bei Säuglingen und Kleinkindern):
Sie hütet ihre Kinder und alles Väterliche wird schlicht nicht zugelassen. Den Vätern wird an Kinderpflege und Betreuung nichts zugetraut. Diese sind häufig auf begleiteten Umgang angewiesen, um überhaupt ihr Kind sehen zu können. Die Mütter weichen regelmäßig durch häufige Umzüge den Vätern, Jugendämtern, Gerichten aus.
Liebe Eltern und Bezugspersonen,
bitte versucht Eurer Verhalten zu reflektieren. Es geht um Verantwortung für Eure Kinder. Sie können nichts für die Trennung. Kinder brauchen beide Elternteile und haben ein Recht darauf, ihre Herkunft zu kennen und vertraute Bezugspersonen zu behalten.
Kleine Kinder verstehen noch nichts von Liebe und Eifersucht. Kinder ab der Pupertät haben ihre eigenen (Liebes)probleme. Es interessiert die Kinder insoweit nicht, ob die Eltern sich noch lieben, oder ob es eine neue Partnerschaft gibt. Kinder lieben ihre Eltern auf ihre eigene Weise.
Aus Sicht der Kinder ist eine Trennung kein Weltuntergang. Mehr als die Hälfte aller Ehen / Partnerschaften geht wieder in die Brüche. Die Wahrscheinlichkeit, als Kind eine Trennung der Eltern durchzumachen ist groß. Das Thema Trennung ist in Kindergarten und Schule allgegenwärtig und für Kinder gesellschaftlich normal.
Ihre Kinder brauchen Eltern, die auch in der Trennung nicht den Kopf verlieren. Setzten Sie sich (ohne Kinder) zusammen und einigen Sie sich, wie sie zukünftig den Umgang gestalten werden. Dann machen Sie Ihren Kindern eine klare Ansage: „… wir haben uns getrennt, hat nichts mit Euch zu tun, ihr habt da keine Schuld, damit wir beide für Euch da sein können, werden folgende Umgänge stattfinden ….“. Bei kleineren Kindern einfach machen. Jeder Umgang ist besser als gar kein Umgang!
Vertrauen Sie auf die Kinder, diese sind unkomplizierter als Sie denken und können Trennungen in der Regel gut verarbeiten. Springen Sie über Ihren Schatten und wenden Sie sich vor einer Eskalation ans Jugendamt (Umgangsvermittlung ist kostenfrei), oder an eine anerkannte Erziehungsberatungsstelle (meist auch kostenfrei), an professionelle Mediatoren oder an die Anwaltschaft, die Sie ebenfalls gern berät, wie konfliktfreie Trennungen möglich sind.
Anja Blume, Rechtsanwältin